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Neues aus dem Industriemuseum

Der Forschungsreaktor Berlin ist Geschichte – Fazit und Ausblick

Das war das Thema für einen Vortrag, den Herr Dr. Stephan Welzel vom Helmholtz-Zentrum für Materialien und Energie GmbH am 20. September 2022 in der gemeinsamen Vortrgsreihe des Vereins Industriemuseum und des Unternehmerverbandes Brandenburg-Berlin im Industriemuseum Teltow gehalten hat.

Das Helmholtz – Zentrum Berlin für Materialien und Energie (HZB)
Das Helmholtz-Zentrum Berlin für Materialien und Energie forscht an Lösungen für eine klimaneutrale Gesellschaft. Es entwickelt und optimiert effiziente und preiswerte Materialien für Solarzellen , Batterien und Katalysatoren. Diese Energiematerialien sind wesentliche Bausteine auf dem Weg in eine CO2 – neutrale und sichere Energieversorgung.

Die Forschungsschwerpunkte sind:
* Photovoltaik
* Dünnschicht-Technologien
* Katalysatoren / Grüner Wasserstoff / CO2 –Umwandlung
* Solare Brennstoffe
* Batteriematerialien
* Quantenmaterialien
* Beschleunigerphysik &- technologien

Der Forschungsreaktor Berlin
Herr Dr. Stephan Welzel ist Leiter Betrieb des Reaktors BER II und behandelte in seinem Vortrag sowohl die Entwicklung des Standortes in Berlin als auch die Bedeutung der Anlage für die Forschung.
Die Planungen für den Vorgängerreaktor BER I begannen im Jahr 1956, als zwei Forschungsreaktoren Typ L-54 (für Frankfurt/Main und West- Berlin) mit 50 kW Leistung bei der  US-Firma Atomics International bestellt wurden.
Mit der Grundsteinlegung für das spätere Hahn-Meitner-Institut starteten am 25. Mai 1957 die Bauarbeiten am Reaktor. Am 24. Juli 1958 erreichte der Forschungsreaktor seine erste Kritikalität.
Das Hahn-Meitner-Institut wurde am 14. März 1959 in Anwesenheit der Namensgeber Otto Hahn und Lise Meitner eingeweiht. Der Reaktor BER I wurde im Sommer 1972 abgeschaltet.
Nach der Fusion des Hahn- Meitner- Instituts mit der Berliner Gesellschaft für Synchronstrahlung wurde dann 2009 das Helmholtz-Zentrum Berlin (HZB) gegründet

Der Nachfolgereaktor BER II mit einer Leistung von zunächst 5 MW wurde am 9. Dezember 1973 in Betrieb genommen.Von 1985 bis 1989 wurde der Reaktor auf eine Leistung von 10 MW und bessere Experimentiermöglichkeiten ausgebaut, 1991 wurde er wieder in Betrieb genommen.
Von August 1997 bis Februar 2000 wurde der Reaktor von hochangereichertem Uran auf schwachangereichertes Uran umgestellt.

Der Forschungsreaktor BER II ist ein Schwimmbadreaktor , der mit leichtem Wasser gekühlt und moderiert wird. Es sind 24 Brennelemente mit jeweils 322 Gramm Uran und sechs Elemente zur Aufnahme der Steuerstäbe mit jeweils 238 Gramm Uran im Einsatz.

Die Neutronen werden mit Beryllium-Reflektoren zum Erhalt der Kettenreaktion gebündelt und durch neun Stahlrohre vom Reaktorkern durch das Wasserbecken und die Betonabschirmung zu den Experimentiereinrichtungen geleitet.

Der Referent ging in seinem Vortrag auf die Forschungsarbeit und die Vorteile des Reaktors als Strahlungsquelle für die Angewandte- und Grundlagenforschung ein.
Am Beispiel der Neutronentomografie zeigte er Experimente zur Wasserstoffspeicherung in Metallpulver oder die Verfolgung der Vorgänge in einer Brennstoffzelle.

Der BER II wurde am 11.12.2019 abgeschaltet und befindet sich jetzt in einer Phase des Nachbetriebs.

Für die Forschung am HZB ist heute das wichtigste Werkzeug die Röntgenquelle BESSY II in Adlershof, die intensives Licht im weichen Röntgenbereich liefert.
Damit untersuchen die Forscher den Aufbau von Energie- und Quantenmaterialien sowie ihre Funktionsweise.
Als einzige Weichröntgen-Quelle Deutschlands ist BESSY II für die nationale und internationale Forschungsgemeinschaft unverzichtbar,

Die Sicherheit von BER II
In dem Vortrag und der Diskussion nahm die Frage der Sicherheit einen breiten Raum ein, wobei die Fragen über den Reaktor hinaus auch die Sicherheit von Atomkraftwerken betrafen. Durch die kleine Leistung, den drucklosen Primärkreislauf, die vollständig passive Kühlung im abgeschalteten Zustand und die abschirmende große Wassermenge im Reaktorbecken war die Freisetzung von Radioaktivität durch diesen Schwimmbadreaktor kleiner Leistung schon immer sehr unwahrscheinlich.
Beim BER II fallen die Kontrollstäbe bei einem Störfall durch die Schwerkraft allein in den Kern und schalten die Kettenreaktion aus, die Nachzerfallwärme wird durch Naturkonvektion abgeleitet. In der Öffentlichkeit erfolgte Anfang 2011 eine erneute Diskusion zu den Flugrouten, da der Reaktor nicht gegen Flugzeugabstürze gesichert ist.
In einem Radius von 2 Seemeilen um den Reaktor herum wurde ein Flugbeschränkungsgebiet festgelegt, das sich vom Boden bis in eine Höhe von ca.660 Meter über Normalnull erstreckt.

Der Rückbau von BER II
Der Reaktor ist auf Beschluss des Aufsichtsrates des HZB aus dem Jahre 2013 Ende 2019 planmäßig und endgültig abgeschaltet worden., er befindet sich jetzt im Nachbetrieb. Der vom HZB angestrebte Rückbau des BER II rückt damit näher. Für den Rückbau ist ein komplexer Genehmigungs- und Beteiligungsprozess erforderlich. Notwendig sind umfangreiche Anträge, die bei den zuständigen Behörden einzureichen sind und von diesen geprüft werden.
Erst die behördliche Stilllegungs- und Abbaugenehmigung bedeutet grünes Licht für den Abbau des Reaktors.

Kontakt: Dr. Stephan Welzel
welzel@helmholtz-berlin.de

Lothar Starke
Leiter Arbeitskreis Innovative Technologien im Unternehmerverband Brandenburg-Berlin e.V.

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