125 Jahre Entdeckung der Röntgenstrahlen – Himmelsdurchmusterung mit dem Röntgenteleskop eROSITA
Das war das Thema für einen Vortrag, den Herr Dr. Axel Schwope vom Leibnitz – Institut für Astrophysik Potsdam am 08. November 2022 in der gemeinsamen Vortragsreihe des Vereins Industriemuseum und des Unternehmerverbandes Brandenburg-Berlin im Industriemuseum Teltow gehalten hat.
Das Leibnitz – Institut für Astrophysik Potsdam (AIP)
Das AIP ist Nachfolgeeinrichtung einer der ältesten Sternwarten Deutschlands – der 1700 gegründeten Berliner Sternwarte – und des 1874 gegründeten Astrophysikalischen Observatoriums Potsdam (AOP), dem ersten Institut weltweit, das sich ausdrücklich der Astrophysik widmet.
Das AIP erforscht das Universum von der kleinen (Sonne) zu den größten Skalen und untersucht den Ursprung, die Bestandteile und das Schicksal des Universums als Ganzes.
Unsere Heimatgalaxie – die Milchstraße, mit unserem Sonnensystem, Milliarden ferner Sterne und Exoplaneten, Sterngeburten und Explosionen sowie schwarze Löcher- dienen als Zeuge der kosmischen Evolution, die mit dem Urknall begann.
Ausgehend vom Hauptstandort auf dem Campus Babelsberg betreibt das AIP das Sonnenobservatorium Einsteinturm und den historischen großen Refraktor auf dem Telegrafenberg, die Radioteleskopstation LOFAR in Potsdam – Bornim sowie Teleskope auf Teneriffa.
Um unsere kosmische Heimat zu erforschen, blicken sie mit dem weltweit größten Teleskopen
in Arizona und Chile sowie mit Weltraumteleskopen in die Fernen des Alls.
In seinem Vortrag hat Herr Dr. Schwope folgende Komplexe behandelt:
Die Röngenstrahlen und ihre Nutzung
Die Röngenstrahlung oder Röntgenstrahlen sind elektromagnetische Wellen mit Quantenenergie oberhalb etwa 100 eV, entsprechend Wellenlängen unter etwa 10 nm. Sie liegen im elektromagnetischen Spektrum im Energiebereich jenseits des ultravioletten Lichts.
Die Röntgenstrahlung wurde am 8. November 1895 von Wilhelm Conrad Röntgen entdeckt und wird nach ihm im deutschsprachigen Raum und im mittel – und osteuropäischen Raum benannt. In anderen Sprachräumen wird sie häufig mit dem von Röntgen ursprünglich selbst verwendeten Ausdruck „X- Strahlen“ (engl. X-rays) bezeichnet.
Wilhelm Conrad Röntgen hat für seine Entdeckung 1901 den ersten Nobelpreis für Physik erhalten und auch danach wurden etliche weitere Nobelpreise im Zusammenhang mit dieser Strahlung vergeben, zuletzt an Ricardo Giaconni (2002) für die Entdeckung kosmischer Röntgenquellen.
- Röntgenstrahlung hat einige charakteristische Eigenschaften, die für die Anwendung von Bedeutung sind:
- Röntgenstrahlung und damit auch die einzelnen Röntgenquanten besitzen eine erheblich größere Energie als sichtbares Licht. Sie können Stoffe ionisieren und Zellen schädigen
- Röntgenstrahlung besitzt ein hohes Durchdringungsvermögen. Es wird durch verschiedene Stoffe unterschiedlich absorbiert.
- Röntgenstrahlung schwärzt Filme und Fotoplatten und kann heute elektronisch durch CCDs nachgewiesen werden
Dementsprechend haben Röntgenstrahlen eine vielfältige Anwendung z.B. in der Medizin oder bei der Werkstoff – und Materialprüfung
Röntgenstrahlen in der Astrophysik
Optische Teleskope können nur das sichtbare Licht erfassen wie es typischerweise von den Sternen und Nebeln, die relativ niedrige Temperaturen aufweisen, ausgesendet wird.
Im Röntgenbereich jedoch werden sehr energetische Prozesse beobachtet, die durch hohe Temperaturen oder extreme Gravitation hervorgerufen werden können.
Die Röntgenastronomie ist ein sehr junger Forschungszweig und ein Kind des Raumfahrtzeitalters.
Die erste gefundene Röntgenquelle ausserhalb unseres Sonnensystems, genannt Sco X-1, wurde erst 1962 zufällig auf der Suche nach Röntgenstrahlen vom Mond gefunden. Sco X-1 sendet allein im Röntgenbereich rund 100.000 mal mehr Energie aus als unsere Sonne im ganzen elektromagnetischen Spektrum.
Astronomische Röntgenquellen sind u.a. die Sonnenkorona, junge und heiße Sterne
(über 100.0000), die Überreste von Supernova – Explosionen, aktive Galaxiekerne und das heisse intergalaktische Gas in Galaxienhaufen.
Das erste Teleskop nach heutigen technischen Prinzipien mit einem abbildenden Röntgenteleskop an Bord war das von NASA 1978 gestartete Einstein Observatorium.
Ein sehr sichtbarer Beitrag Deutschlands zum Feld war der 1990 gestartete Satellit ROSAT, der die erste vollständige Himmelskarte im weichen Röntgenlicht mit einem abbildenden Teleskop erstellt und dabei rund 100.000 Quellen entdeckt hat.
Röntgenteleskop eROSITA
eROSITA ist ein satellitengebundenes Röntgenteleskop, das am 13. Juli 2019 in Baikonur gestartet wurde und für eine Missionszeit von 7,5 Jahre geplant ist.
Das Röntgenteleskop wurde vom Max – Planck – Institut für extraterristische Physik (MPE) in Zusammenarbeit mit Universitätsinsituten in Bamberg, Hamburg, Tübingen und dem AIP in Potsdam geschaffen.
eROSITA befindet sich als Hauptinstument an Bord des russisch – deutschen Weltraumobservatoriums Spektrum-Röntgen-Gamma (SRG). Es ist empfindlich im Energiebereich zwischen 0,2 und etwa 10 KeV. An Bord befinden sich außerdem das Instument ART – XC, ein russisches Röntgenteleskop für den Bereich zwischen 4 und 30 KeV. Beide Teleskope schauen in die gleiche Richtung bei unterschiedlichen Empfindlichkeiten, Brennweiten und Sichtfeldern.
Im Vortrag wurde der Aufbau von eROSITA erklärt und mit einem Modell des Spiegelmoduls untersetzt.
Die wissenschaftlichen Ziele sind:
- Der systematische Nachweis von Schwarzen Löchern in nahen Galaxienkerne
- Erfassung von über drei Millionen weit entfernten Galaxienkerne
- Nachweis von heißem intergalaktischen Gas in 50.000 bis 100.000 Galaxienhaufen und Gruppen, um daraus Erkenntnisse zur großräumigen Struktur des Kosmos und dessen Entwicklung zu gewinnen
- Detailuntersuchungen der physikalischen Natur galaktischer Röntgenquellen, wie Supernovaüberresten oder Röntgendoppelsternen
- Neue wissenschaftliche Erkenntnisse bezüglich Dunkler Materie und Dunkler Energie.Diese hypothetische Form von Energie ist eine mögliche Erklärung für die Beobachtung, dass das Universum immer noch beschleunigt expandiert. Sie hängt deshalb mit einigen der bedeutendsten gegenwärtigen Fragen der Astronomie und Physik zusammen.
- Durch die Mission entsteht eine Sammlung von mehreren Millionen kosmischen Röntgenquellen und die Durchmusterung soll 20- mal empfindlicher sein als die ROSAT durchgeführte.
Der Referent zeigte eine Vielzahl beeindruckender Bilder von der Beobachtung von Segmenten
im All sowohl mit optischen Teleskopen als auch mit dem Röntgenteleskop.
Die erste vollständige Durchmusterung wurde ein halbes Jahr nach dem Start abgeschlossen.
Dabei wurden 165 Gigabyte Daten gesammelt. Daraus wurde eine Karte mit ca. einer Million Röntgenobjekten erstellt. Im Anschluss an die insgesamt für vier Jahre geplante Durchmusterung
soll eine Phase im Drei – Achsen – Betrieb erfolgen, bei der Wissenschaftler gezielte Beobachtung einzelner Gebiete beantragen können.
Bisher wurden vier komplette Durchmusterungen abgeschlossen. Derzeit ist eROSITA in einen sicheren Zustand versetzt.
Kontakt: aschwope@aip.de
Lothar Starke
Leiter des Arbeitskreises Innovative Technologien
im Unternehmerverband Brandenburg-Berlin e.V.