Das war das Thema für einen Vortrag , den Herr Thomas Frank, Chief Development Engineer von Rolls- Royce Deutschland am 15. Oktober 2024 im Industriemuseum Teltow gehalten hat. Der Vortrag erfolgte im Rahmen der gemeinsamen Veranstaltungen des Vereins Industriemuseum Region Teltow und des Unternehmerverbandes Brandenburg-Berlin.
Ziele der Luftfahrt zum emissionsarmen Fliegen
Das Deutsche Zentrum für Luft-und Raumfahrt (DLR) hat zusammen mit der Industrie ein White Paper erstellt, wie der Flugverkehr bis 2050 Treibhausgas neutral werden soll. Es trägt den Titel „Zero Emission Aviation – Emissionsfreies Fliegen“ und wurde an das Bundesministerium für Wirtschaft und Energie übergeben.
Das Dokument führt erstmals umfassend den aktuellen Forschungsstand sowie technologische Handlungsfelder auf dem Weg zum emissionsfreien Fliegen in allen Luftfahrtbereichen zusammen.
Zur Erreichung dieses Ziels ist ein Mix an Technologien und viele Entwicklungen erforderlich. Dazu gehören nachhaltige Kraftstoffe, neue Konfigurationen, Batterie – und Brennstoffzellen – Technologie sowie verschiedene Lösungen von Hybridantrieben und neue Gasturbinenkonzepte.
Die Transformation zur emissionsfreien Luftfahrt bis 2050 erfordert die enge Zusammenarbeit von Wissenschaft, Industrie und Politik.
Fliegen ist derzeit mit knapp drei Prozent an den weltweiten Emissionen des Treibhausgases CO2 beteiligt. Hinzu kommen noch weitere schädliche Auswirkungen des Flugverkehrs auf das Klima, etwa durch Stickoxyde, Kondensstreifen, Aerosole und Ruß.
Tatsächlich kann nur die konsequente Nutzung aller wissenschaftlichen und technologischen Möglichkeiten zu dem Ziel führen, umweltverträglich zu fliegen.
Dabei gibt es nicht den einen Königsweg. Das Luftfahrtsystem muss vielmehr an vielen Punkten neu aufgestellt werden. Die Optionen reichen von der aerodynamischen Auslegung über den Antrieb bis zu den Energieträgern. Gleichzeitig müssen Materialfragen berücksichtigt werden, globale Lieferketten, Produktionsprozesse und Aspekte der Infrastruktur. Kurzum: Der gesamte Lebenszyklus eines Flugzeugs steht auf dem Prüfstand.
Einen Weg beschreitet Rolls- Royce mit der Entwicklung eines Triebwerks für Wasserstoff
Das Rolls – Royce Wasserstoffprojekt
In Zusammenarbeit mit dem Deutschen Zentrum für Luft-und Raumfahrt (DLR) und der Universität Loughborough in Großbritannien hat Rolls-Royce die Funktion einer entscheidenden Triebwerkstechnologie nachgewiesen – ein weiterer wichtiger Schritt auf dem Weg zur Nutzung von Wasserstoff als Flugkraftstoff.
Durch Tests an der Brennkammer eines Pearl 700-Triebwerks beim DLR in Köln mit 100 % Wasserstoff wurde nachgewiesen, dass der Treibstoff auch unter Bedingungen verbrannt werden kann, die der maximalen Startleistung entsprechen.
Der Schlüssel zu diesem Erfolg war die Entwicklung fortschrittlicher Kraftstoff-Einspritzdüsen zur Steuerung des Verbrennungsprozesses. Dabei mussten durch die Ingenieure erhebliche Herausforderungen bewältigt werden, da Wasserstoff viel heißer und schneller verbrennt als Kerosin.
Die neuentwickelten Düsen sind in der Lage, die Flammenposition mit Hilfe eines neuen Systems zu steuern, bei dem dem Wasserstoff nach und nach Luft beigemischt wird, um die Reaktivität des Kraftstoffs zu steuern.
Durch die Tests konnte bestätigt werden, dass sowohl die Funktionsfähigkeit der Brennkammer als auch die Emissionen voll im erwarteten Rahmen liegen.
Bereits im letzten Jahr haben easyJet und Rolls-Royce Luftfahrtgeschichte geschrieben, indem sie ein modernes AE2100-Triebwerk in Großbritannien erfolgreich mit grünem Wasserstoff betrieben haben.
Die in Loughborough und im DLR getesteten Technologien werden nun gemeinsam mit den Erkenntnissen in Großbritannien in die nächste Testphase einfließen. Rolls-Royce und easyJet bereiten sich darauf vor, einen Bodentest mit gasförmigem Wasserstoff an einem kompletten Pearl-Triebwerk durchzuführen.
Anschließende Bodentest eines Pearl-Triebwerkes mit flüssigem Wasserstoff können folgen. Sowohl easyJet als auch Rolls-Royce haben das gemeinsame Ziel, die Technologie anschließend im Flug zu testen.
Die Probleme beim Einsatz von Wasserstoff
Wasserstoff diffundiert durch Materialien, dabei ist die Geschwindigkeit der Diffusion in Eisen, Platin und einigen anderen Metallen hoch und es kommt zu Wasserstoffversprödungen. In Kombination mit einer hohen Löslichkeit treten bei einigen Werkstoffen extrem hohe Permeationsraten auf. Hieraus ergeben sich technische Lösungen zur Wasserstoffanreicherung, aber auch technische Probleme beim Transportieren, Lagern und Verarbeiten von Wasserstoff. Wasserstoff ist extrem entzündbar, es brennt mit Sauerstoff oder Luft sowie mit anderen gasförmigen Oxidationsmitteln (Katastrophe des mit Wasserstoff gefüllten Luftschiffs Hindenburg).
Weiter zu lösende Probleme bei der Triebwerksentwicklung
Nach der erfolgreichen Entwicklung der Brennkammer erfolgt jetzt die komplexe Entwicklung des kompletten Triebwerks. Das betrifft nicht nur die Umstellung bestehender Baugruppen auf die Bedingungen beim Wasserstoff, sondern auch die Entwicklung zusätzlicher neuer Baugruppen. Der weitere Weg der Testung und der Zulassung eines Triebwerks für den Einsatz im Flugzeug ist langwierig, aufwendig und teuer, speziell im Hinblick auf heutige Sicherheitsstandards die sicherlich nicht verhandelbar sind.
Bedingungen für den Einsatz von Wasserstoff im Flugzeug
Bedingt durch das Verhalten von Wasserstoff bestehen beim Einsatz in einem Flugzeug weitreichende technische Probleme und Probleme der Sicherheit.
Diese lassen sich bei einem Einsatz in derzeitigen Flugzeugen nicht lösen, sondern erfordern die Entwicklung einer neuen Flugzeuggeneration.
Dabei führt der Einsatz von Wasserstoff zwar zur Vermeidung von CO2 , allerdings gibt es auch hier potentiell umweltschädliche Emissionen z.B. von NOX und Wasserdampf (Kondensstreifen). Hier gibt es zusätzlichen Forschungsbedarf um diese Anteile weiter schrittweise zu verringern.
Darüber hinaus ist der Einsatz von Wasserstoff eher etwas für die Kurz- und Mittelstrecken. Bei einem Fernflug sind z.T. mehrere hundert Tonnen Kerosin an Bord. Da allerdings das Volumen von Wasserstoff und damit der volumetrische Energiegehalt von Wasserstoff deutlich geringer ist, ergibt sich im besten Fall eine Verdreifachung des erforderlichen Tankvolumens gegenüber Kerosin bei gleicher Reichweite.
Dies beinhaltet aber noch keine Mengen für boil-off und zusätzlich dickere Tankwände. Die größeren Tanks und die Form der Tanks um höhere Drücken zu widerstehen, erfordern entweder diese Tanks in einem Großteil der Kabine unterzubringen, oder neue Flugzeugkonzepte die hier mehr Raum bieten.
Zusätzlich ist es erforderlich Stickstoff oder andere Inertgase im Flugzeug mitzuführen um die Möglichkeit zu schaffen, gefahrlos am Triebwerk zu arbeiten ohne die Anwesenheit von Wasserstoff im Kraftstoffsystem.
Die komplexen Anforderungen der Bereitstellung von Wasserstoff
Die Bundesregierung hat 2020 eine nationale Wasserstoffstrategie beschlossen. Die Fortschreibung 2023 geht davon aus, dass 2030 ein Wasserstoffbedarf von 95 bis 130 Twh besteht, wovon 50 – 70 TW importiert werden sollen. Der Bedarf kann bis 2045 auf 423 – 1.364 TWh ansteigen.
Mit den bis 2030 geplanten 10 GW Kapazität ist eine Wasserstoffproduktion von 28 TWh möglich.
Bis 2032 soll ein Wassserstoffnetz von 9.700 Km entstehen.
Große Bedarfsträger für Wasserstoff sind die Chemie, Stahlindustrie und Zementindustrie. Bei der Herstellung von grünem Wasserstoff durch Elektrolyse gehen bis zum Einsatz über Transport und Lagerung 70 % der eingesetzten Energie verloren.
Der Bedarf für die Luftfahrt wird am Beispiel des Flughafens Frankfurt deutlich:
Zum Betanken der Flugzeuge für Kurz- und Mittelstrecken werden 3 Millionen m³ Kerosin benötigt, das sind täglich 6.300 Tonnen Kerosin.
Um die vergleichbare Menge an Wasserstoff bereitzustellen sind täglich die Ladungen von 27 großen Tankschiffen erforderlich!
Deutschland benötigt neben dem Pipelinenetz und den Speichern die entsprechende Infrastruktur an allen Flughäfen.
Mit der derzeit in Deutschland verfügbaren Wasserstoffmenge wird allein der Betrieb einer Testanlage für ein Versuchstriebwerk zur Herausforderung.
Lothar Starke
Leiter des Arbeitskreises Innovative Technologien im
Unternehmerverband Brandenburg-Berlin e.V.
Teltow den 18. Oktober 2024